Vorwort

Otto Siffling, der im jungen Alter von nur 27 Jahren an einer Rippenfellentzündung verstarb, ist vielen, wenn überhaupt, nur noch dem Namen nach bekannt. Anders in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Spätestens nach seinem Debüt in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der WM 1934 in Italien war der Name Otto Siffling in ganz Deutschland ein Begriff. Er war Teil der legendären „Breslau-Elf“ von 1937 zu deren Ruf er mit fünf Toren während eines Spiels maßgeblich beitrug. In Italien  wurde er als „Rastelli des Fußballs“ bezeichnet und Seppl Herberger hätte sich so einen wie den „Holz“ gerne in seinem 54er Weltmeisterschaftsteam gewünscht. Er ist der Vorgänger einer Vielzahl bekannter Spieler aus der „Waldhof-Schule“ und wird doch bei den Aufzählungen der „Großen“ beim SV Waldhof Mannheim 07 mitunter vergessen. Um dies zu ändern entschlossen sich die Mitglieder des Fan-Clubs „DoppelPass – SV Waldhof Mannheim-Fans gegen Gewalt und Rassismus e.V.“ ihm zum 100. Geburtstag eine Website zu widmen. Nachdem wir feststellten wie viel Material wir über diesen einzigartigen Fußballer zusammen tragen konnten, war klar, es kann nicht nur bei einer Website bleiben, das Projekt muss um eine Ausstellung ergänzt werden. Zu der vom 01.06. bis zum 13.06.2012 stattgefundenen Ausstellung gibt es einen Ausstellungskatalog und einen Zeitzeugenfilm, ergänzt mit historischem Filmmaterial.

Die Website enthält Abbildungen aller Ausstellungsstücke. Fotografien aus Originalzeitschriften, Repliken und Privatbesitz, Texte zum Teil aus längst vergriffenen Zeitungen und Büchern, die durch weitere Quellen stetig ergänzt werden. Als Quelle definieren Geschichtswissenschaftler „alle Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann“.1 So spiegelte die Ausstellung nur eine Momentaufnahme wieder, die durch exklusiv für den Ausstellungskatalog geschriebene Artikel und Originalzitate von Zeitzeugen, die für dieses Projekt interviewt wurden, ergänzt wurde. Daher soll auf diesem Wege die „Forschung“ weitergehen und wir werden weiterhin alles über den großen Sohn der Stadt Mannheim zusammentragen und hier präsentieren. Gerne sind wir für Hinweise auf direkte Quellen oder eigene Texte dankbar.

Die Website gliedert sich in fünf Bereiche und wird um die Aktivitäten im Jubiläumsjahr 2012, wie die Ausstellung in der Alten Feuerwache in Mannheim, das Jubiläumsspiel zur Einführung der Regionalliga Südwest und die Gedenktafel am Geburtshaus auf dem Alten Waldhof ergänzt. In den Kapiteln werden die Entwicklung Mannheims und des Stadtteils Waldhof von Beginn des 20. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des zweiten Weltkriegs, die Geschichte des SV Waldhof 07 zur aktiven Zeit Otto Sifflings, dessen Karriere als Nationalspieler, sein Privatleben und die Zeit nach Otto Siffling genauer betrachtet. Somit soll nicht nur dem Spieler sondern auch dem Mensch Otto Siffling und den Lebensumständen der damaligen Zeit Rechnung getragen werden. Diese Website bietet damit einen einzigartigen Überblick.

Zum besseren Verständnis der Website möchten wir gerne noch auf ein paar Dinge hinweisen.

Otto Siffling hatte seine großen Erfolge zu einer dunklen Zeit der deutschen Geschichte. Aus unserer Sicht soll das sein großes fußballerisches Können und seine Person nicht beeinträchtigen. Er war zu seiner Zeit einer der größten und besten Fußballer in Deutschland und dies soll auch im Mittelpunkt der Ausstellung und dieser Website stehen.

Die auf der Website veröffentlichten Texte sind zum Teil während des Nationalsozialismus geschrieben und dementsprechend abgefasst. Die zum Teil sehr großmächtigen und kriegerischen Ausdrücke und Begrifflichkeiten entsprechen in keiner Weise unserer Weltanschauung. Das gleiche gilt für die Abbildung von Symbolen des damaligen Regimes, welche oft auf den Trikots oder Trainingsanzügen der Spieler zu sehen sind. Zudem wurden die Texte so übernommen wie sie damals erschienen sind, d.h. mit allen Rechtschreib-, Zeichensetzung und Grammatikfehlern. Die Alternative wäre gewesen, Stellen umzuschreiben und Fotografien zu retuschieren. Beides kam für uns nicht in Frage.

Unsere Nachforschungen sowie Nachfragen beim Stadtarchiv Mannheim haben ergeben, dass Otto Siffling den Nationalsozialisten distanziert gegenüber stand. Dies belegen Aussagen von Zeitzeugen, aber auch Recherchen in den Beständen des Berlin Document Centers beim Bundesarchiv (u.a. Mitgliedskartei der NSDAP, der SS und SA), in denen er nicht geführt wurde.

Die Rechte an den Bildern und Texten haben wir soweit möglich geklärt, zur Verfügung gestellt bekommen oder, wenn nötig, erworben. Für manche Materialien oder Inhalte war es uns trotz intensivster Bemühungen nicht möglich die Rechteinhaber zu ermitteln. Sollte jemand die Rechte an Text- oder Bildmaterial haben und nicht aufgeführt sein, so bitten wir um Kontaktaufnahme.

Wir wünschen Ihnen nun viele interessante Stunden beim Stöbern auf der Website und möchten Sie dazu auffordern, von Zeit zu Zeit mal wieder vorbei zu schauen, da die Seite auch zukünftig noch weiter bestückt wird. Vielleicht können wir Sie auch zur aktiven Mitarbeit ermuntern.

Unser besonderer Dank gilt all denen, die uns während der letzten Jahre bei der Verwirklichung dieses Projektes unterstützt haben, sei es durch Geld- und Sachspenden oder Dienstleistungen. Nicht vergessen werden sollen die vielen Zeitzeugen, die sich Zeit genommen haben, uns über ihre persönliche Beziehung zu Otto Siffling zu berichten und die in einem Dokumentarfilm zu Wort und Ehren kommen. Ohne sie alle wäre eine Umsetzung der Ausstellung, der Website und der anderen Aktivitäten rund um das Jubiläumsjahr von Otto Siffling gar nicht möglich gewesen. Eine namentliche Danksagung findet sich an anderer Stelle.

DoppelPass – SV Waldhof Mannheim-Fans gegen Gewalt und Rassismus e.V.

  • 1. Paul Kirn, in: ders.: Einführung in die Geschichtswissenschaft, fortgeführt von Joachim Leuschner, 5. Auflage, De Gruyter, Berlin 1968 (zuerst 1947), S. 29.